„Ein Platz, worauf ein Schlößlin gestanden …“

Über den Verkauf des „Schlößlinsgüthlein zu Otmarsheim“ durch Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg an den Rittmeister Johann Jacob Groß (1698)

Originalurkunde vom 11. Juli 1698. Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg verkauft an den Rittmeister Johann Jacob Groß das bisher dem Herzog gehörende „Schlößlinsgüthlein zu Otmarsheim“, das einst Bernhard der Ältere von Liebenstein eigen und frei besessen hat. (Stadtarchiv Besigheim: Bestand Ottmarsheim, U2)

Zu den ältesten Schriftstücken, die im Archiv aufbewahrt werden, gehören die Urkunden. Sie haben seit alters her wichtige Rechtsgeschäfte dokumentiert und faszinieren noch heute durch ihr äußeres Erscheinungsbild und ihre formelhafte Sprache.

Ein besonders eindrucksvolles Exemplar hat sich im Ottmarsheimer Archivbestand erhalten. Hier findet sich das Originaldokument, das den Verkauf des sogenannten „Schlößlinsgüthlein zu Otmarsheim“ durch Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg an den Rittmeister Johann Jakob Groß im Jahr 1698 bestätigt. Der gut erhaltene großformatige Kaufbrief (47 x 60 cm) wurde auf Pergament ausgeführt und in deutscher Sprache geschrieben. Zwar fehlt das ursprünglich an der Urkunde befindliche Siegel, doch ist dessen hölzerne Siegelhülle erhalten geblieben.

Ein genauerer Blick lohnt sich auch auf den Inhalt der Urkunde, der, neben dem eigentlichen Rechtsgeschäft, aufschlussreiche Details über das einst herrschaftliche Anwesen und seine Geschichte enthält. Besonderes Augenmerk verdient dabei die Nennung sämtlicher zum Schlößlinsguth gehörender Güter, die wie folgt beginnt: „Ein Platz, worauf ein Schlößlin gestanden, welches Anno 1634 in dem damahligen Kriegswesen abgebrant, davon dißer Zeith, noch etwas Gemäuer zugegen: Eine Mayerey Behausung, Hof, Scheuren, Keller und Stallung bey der Kirchen, zu gedachtem Otmarsheim, alles an und beyeinander […].“ Dem schließt sich eine detaillierte Auflistung aller dazugehörigen Äcker, Wiesen, Kraut- und Baumgärten an, die zusammengenommen rund 40 Morgen Land umfassten und in Anlehnung an die mittelalterliche Dreifelderwirtschaft, nach sogenannten Zelgen (Flurstücken) getrennt wiedergegeben werden: „[…] an Äckhern in der Zelg Mundelsheim – Zehen Morgen […]. In der Zelg Izingen – Zehen Morgen zwey Viertel […]. In der Zelg Liebenstein – Dreyzehen Morgen, Dritthalb Viertel […]“. Mit dem Erwerb des Anwesens waren auch umfangreiche Rechte und Privilegien verbunden: So gehörten zur Ausstattung nicht nur „ein Manns – und ein Weibskirchenstuhl“ in der Ottmarsheimer Pfarrkirche, sondern auch mehrere Wagenladungen an Stangenholz und Reisigbüscheln, deren Schuldigkeit den Ottmarsheimern oblag. Darüber hinaus garantierte die Urkunde dem Käufer und seinen Nachkommen „alle Freyheiten von Ordinari und Extra-Ordinari Steuer und Anlagen, Römerzügen, Türckhenhilf, Dreyßigsten Theil, [und] Raichung des kleinen Zehenden“, was die später aufkommende Bezeichnung „Freigutshof“ begründete. Nicht unerwähnt bleibt die Kaufsumme, die für das gesamte Schlößlinsguth auf 1400 Gulden beziffert wurde, und die, nach Aushändigung des Kaufbriefes, bar und sofort zu entrichten war.

Neben der ausführlich beschriebenen Ausstattung des Anwesens gewährt die Urkunde auch Einblicke in dessen Vorgeschichte. Sie beginnt mit Bernhard dem Älteren von Liebenstein, dem seit 1532 halb Ottmarsheim gehörte. Die Urkunde belegt, dass „[…] weyl. Bernhard von und zu Liebenstein, der Ältere [das Schlößlinsgüthlein] vormehr dann hundert Jahren und also vor ohnerdenklicher Zeit alß ein Adliches Aigenthum, von Steuern, Schatzung, Anlagen und Einquartierungen […] frey innegehabt und beseßen […]“ hat. Zwar wird der genaue Zeitpunkt der Errichtung des namensgebenden Schlosses nicht erwähnt, doch gilt neueren Forschungen zufolge eine Erbauungszeit um 1564 als wahrscheinlich. Weitere Quellen belegen, dass das Schlößlinsguth nach Bernhards Tod (1583) zunächst an Philipp von Liebenstein überging. Dessen älteste Tochter Elisabeth heiratete 1604 den adligen Elias von Bürgel, der dann das Anwesen gemeinsam mit seiner Frau bewohnt haben soll. Dreißig Jahre später (1634), mitten im Dreißigjährigen Krieg, brannte das Schloss ab, worüber die Urkunde bereits an vorhergehender Stelle zu erinnern wusste.

Nicht weniger spannend ist die weitere Geschichte des Anwesens, die sich ebenfalls in der Urkunde ablesen lässt. Sie ist eng mit dem Haus Württemberg verbunden, das die Herrschaft Liebenstein mit dem dazugehörigen Ottmarsheim durch Kauf (1673) und Tausch (1678) erwarb. Von da an gehörte das Schlößlinsguth zum Familienbesitz des herzoglichen Hauses, was Herzog Eberhard Ludwig hiermit erklärt: „[…] unser bißanhero aigenthumlich beseßen so genanntes Schlößlinsgüthlein zu Otmarsheim […]“. Schließlich wurde es 1698 „umb sonders bewegenden Ursachen willen“ an Johann Jakob Groß verkauft, der einst unter dem Vetter des Herzogs, Ludwig von Württemberg, als Rittmeister im Regiment zu Pferd gedient hatte. Groß ließ das abgebrannte Schloss nicht wieder aufbauen. Nach seinem frühen Tod (1715) bewohnte dessen Witwe die „Mayerey Behausung“, die nachweislich zum Schlößlinsguth gehörte.

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