«Du liebes Besigheim! ...»
Das älteste bekannte Gedicht über Besigheim stammt aus dem Jahr 1695. Es wurde vom damaligen Lehrer der Lateinschule, Präzeptor Friedrich Wagner anlässlich seines Weggangs aus Besigheim geschrieben.
Das als Abschiedsgruß titulierte Valet ist mit zahlreichen guten Wünschen versehen und erinnert an die Zeit der Franzoseneinfälle (1688 und 1693), alsTruppen des französischen Königs Ludwig XIV. unter dem Befehl der Generäle Montclar und Mélac plündernd und marodierend den Südwesten des Alten Reichs durchzogen und auch vor Besigheim nicht Halt machten:
Valet: Wunsch.WormitDie löbliche Stadt Besigheim gesegnetWordenVon deroFünffjahr gewesenen PraeceptoreFriedrich Wagnern.Der Himmel schickt es so, ich soll nicht beÿ dir bleiben,Du Liebes Besigheim! Ich muß mit Threhnen schreiben,das traurige Valet, der Himmel wusset mir,in jenes Flammen-Land, ich scheide nun von dir,und wünsch aus treurer Pflicht: bleib ewiglich gesegnet,und nimm von Gottes Hand, was immer dir begegnet,mit williger gedult, Gott der nichts böses thut,der Woll Zerreißen bald, die schwehre KriegeswuthDu hörst die Feinde zwar, mit den Carthaunen spielen,Und wie sie da und dort, nur auffs Verderben zielen,allein so wahr als Gott, sein ja Wort halten, muß,wenn Krieg entstehen soll, so wahr bleibt auch der Schlußvon oben her gesezt ; Gott hats nicht angefangen,doch was die Feinde thun, das hat Er so verhangen,Wie weit es kommen soll, und was er jezt vor Frucht,vor buße, vor gebet, durch diesen Schrecken sucht,das solt u. merken wol; Er wird sich bald bedenken,und seiner Christenheit, den Frieden wieder schenken;Du liebes Besigheim! Wach auff mit neuem Glück,der Himmel schüze dich, sein gnadenreicher Blick,dich ewiglich bestrahl, Er gebe das gedeÿen,daß du in Fröhlichkeit, dich mögest wieder freuen;Sein Seegen cröne dich, die Nahrung nehme zu,und jedes Haus in dir, genieße fried und ruh.Ich hab in dieser Stadt, manch lieben Freund gefunden.drumb ist mein treues Herz im scheiden auch verbundenund soll zu guter lez, [e]in Tausend Wünsche stehn,die laße Gottes güt, vom Himmel auff dich gehn.
Friedrich Wagner wurde am 14. September 1639 als Sohn eines Hutmachers in Nürnberg geboren. Er studierte zunächst in Altdorf und Leipzig Theologie. Anschließend war er als Präzeptor in Pfedelbach (1663-1667), Neuenstein (1667-1673), Kirchberg an der Jagst (1673-1676), Langenburg (1676-1687) und Durlach(1687-1690) tätig. In Durlach verlor er sein gesamtes Hab und Gut bei der fast vollständigen Einäscherung der Stadt durch die Franzosen im August 1689, sodass er völlig verarmt 1690 als Präzeptor nach Besigheim kam.
Hier erlebte er drei Jahre später (1693) die Besetzung der Stadt durch die Franzosen mit, die, wie überall anders auch, Angst und Schrecken verbreiteten, Häuser verwüsteten, Ernte und Saatgut zerstörten, jedoch die Stadt nicht niederbrannten. Es folgten Hungersnot und Armut, die auch den Präzeptor schwer trafen. Denn als er 1694 zum zweiten Mal heiratete, konnte er aus eigener Kraft nicht die Mittel aufbringen, um das Heiratsgut seiner aus Brackenheim stammenden Frau Magdalene Barbara Hofstetter, geb. Schmid, nach Besigheim bringen zu lassen.
Der Überlieferung zufolge, war Friedrich Wagner ein erfahrener und fleißiger Schulmann, der ein gutes Verhältnis zum städtischen Magistrat und zur Bürgerschaft pflegte. Er ging 1695 als Präzeptor nach Langenburg zurück und starb am 6. August 1708 in Eschenau (Obersulm).